Wir freuen uns über einen Gastbeitrag von Otto Farny, Steuerexperte der österreichischen Arbeiterkammer zur Frage warum Österreich eine Steueroase ist. Die Schlussfolgerung lautet: "Nach unserer Beurteilung hat insgeamt die Sonderbesteuerung der Stiftungen dem Land mehr geschadet als genützt." Für TJN-KennerInnen ist diese Einschätzung wenig überraschend: Eine Politik, die sich an einer Steueroasenstrategie orientiert, nutzt in einer Gesellschaft in der Regel nur einer schmalen Oberschicht, die breite Masse an Menschen hingegen zählt oft zu den VerliererInnen (unter anderem wegen steigender (Immobilien-)Preise, steigender Ungleichheit, höherer relativer Steuerbelastung niedriger Einkommen, etc.). Viel Spaß beim Lesen!
1. Teil: Die Privatstiftung
Ausgangslage
Die Diskussion um die steuerlichen Privilegien der Privatstiftungen in Österreich hat im vergangenen Jahr wieder einen Höhepunkt erlebt. Im Zuge der Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer in Österreich hat sich die Frage ergeben, was mit der 5%igen Eingangssteuer für Dotationen an Privatstiftungen geschehen soll, die als pauschale Erbschafts- und Schenkungssteuer konstruiert war. Nach der Willenserklärung der Bundesregierung, diese Steuer beibehalten zu wollen, haben sich die Stifter an die Öffentlichkeit gewandt und ihre Diskriminierung gegenüber allen anderen Steuerpflichtigen beklagt. Die Bundesregierung hat so reagiert, dass sie die schon bezahlte Eingangssteuer gegen die Körperschaftsteuer der Stiftung verrechnungsfähig machen wollte. Das war in der österreichischen Steuergeschichte ein einmaliger Vorgang, dass man nämlich eine Steuer, die ursprünglich zurecht bezahlt wurde und die ja auch in vielen Fällen bei nachfolgenden Erbschafts- und Schenkungsvorgängen steuerbefreiende Wirkung entfaltete, zurückerstattet bekommt. Im Gegenzug hätten normale Steuerpflichtige, die auch irgendwann Erbschafts- und Schenkungssteuer bezahlt haben und diese nicht gegen die Einkommensteuer rückverrechnen können, Pressekonferenzen gegen ihre Diskriminierung abhalten müssen.
Ergebnis der heftigen Debatte war jedenfalls, dass der Stiftungseingangssteuersatz auf 2,5 % halbiert wurde. Damit erkauft man sich das Recht, Veräußerungsgewinne von wesentlichen Beteiligungen steuerfrei bzw nur mit einem Zwischensteuersatz von 12,5 % besteuert akkumulieren zu können. Ein einzelner Besteuerungsfall der letzten Zeit, der durch die Medien gegangen ist, bestand darin, dass ein Veräußerungserlös von € 600 Mio unversteuert blieb. Hätte man ihn, wie allgemein üblich, mit der Körperschaftsteuer von 25 % besteuert, dann hätte das ein höheres Aufkommen gebracht, wie die so gefürchtete Erbschafts- und Schenkungssteuer insgesamt vor ihrer Abschaffung. Diese Debatte nahmen wir als Arbeiterkammer zum Anlass, das Stiftungsthema eingehender zubetrachten und zu fragen, welchen volkswirtschaftlichen oder fiskalischen Wert die steuerlichen Stiftungsregelungen in Österreich überhaupt haben. Klar ist, dass diese Regelungen heftige Retorsionen aus dem Ausland – insbesondere aus der BRD – auslösen und Österreich immer mehr aus Sicht der EU-Partner den Status einer Steueroase erhält. Rechtfertigen die angeblichen wirtschaftlichen Vorteile der Stiftungsbegünstigung diese außenpolitischen Nachteile?
Braucht Österreich steuerbegünstigte Stiftungen?
In einer Studie haben wir einen Vergleich ausgewählter europäischer Länder und ihrer Stftungsregelungen durchgeführt. Dort sind auch die österreichischen Stiftungsregeln detaillierter dargestellt. Im Anschluss haben wir die wichtigsten Argumente der Stifter zur Aufrechterhaltung der Steuerprivilegien diskutiert:
- Die Privatstiftungen sichern 400.000 Arbeitsplätze in Österreich
Es ist empirisch nachgewiesen, dass es nicht für das Firmenschicksal egal ist, wo die Konzernleitung ihren Sitz hat. Gerade die höherwertigen Arbeitsplätze entstehen rund um die Konzernleitung, die Forschung und Produktentwicklung ist auch häufig dort angesiedelt. Entscheidungen, Unternehmensteile zu schließen, fallen im Ausland leichter als im Inland. Wo die Konzernleitung ihren Sitz hat, wohnen oft die dominierenden Eigentümer und Manager, dort sind sie auch in die Gesellschaft eingebunden und niemand stellt sich gerne als eiskalter Jobkiller in der eigenen Community dar. Das alles spricht dafür, die Konzernleitungen in einem Land zu halten oder neue zu bekommen. Die Wahrheit ist nur: Stiftungen sind in aller Regel keine Konzernleitungen sondern bloße Vermögensverwaltungen. Wenn die Stiftung in der Schweiz ist und der Wohnort des Eigentümers in Österreich, dann wird er das Unternehmen in den Aufsichtsräten der Unternehmen in Österreich leiten und nicht von der Schweiz aus. Unmittelbar sichert die Stiftung nur die Arbeitsplätze einiger Rechtsanwalts- und Steuerberatungskanzleien.
- Durch die Stiftung kommt neues Kapital ins Land
Das Argument stimmt und stimmt nicht. Es gibt zahlreiche Beispiele, wo ausländisches Firmenvermögen in österreichische Stiftungen eingebracht wurde um Erbschaftsteuer zu sparen. Durch die Einbringung von Beteiligungen kam aber nicht das Realkapital. Die deutschen Arbeitsplätze bei Thyssen wurden nicht nach Österreich transferiert. Ob die Beteiligungen an eine österreichische Depotbank übertragen wurden, ist den AutorInnen nicht bekannt und für die Stiftungserrichtung auch nicht wesentlich. Eine Privatstiftung kann Wertpapiere und Grundstücke irgendwo auf der Welt besitzen, die Dotierung der Stiftung ist nur ein buchtechnischer Vorgang und keine körperliche Übertragung des Vermögens. Was stimmt ist, dass damit auch steuertechnisch die Kapitalerträge der Stiftung zugerechnet werden und damit der fiskalische Ertrag in Österreich bleibt.
- Durch die Stiftung wird österreichisches Beteiligungsvermögen nach Österreich zurückgeholt bzw wird der Abgang ins Ausland verhindert
Den AutorInnen sind nur wenige Beispiele bekannt, in denen die Rückholung von Beteiligungsvermögen aus ausländischen Stiftungen stattgefunden hat (zB Wlaschek). Bei Privatstiftungen ist wirtschaftlich die Steuerfreiheit der Veräußerungsgewinne von wesentlichen Beteiligungen und das Fehlen der Erbschaftssteuer bzw die Ausschaltung der Erbfolge das entscheidende Gründungsmotiv. Wenn nun jemand eine wesentliche Beteiligung mit hohem nicht realisierten (thesauriertem) Beteilungsertrag besitzt und er diesen Ertrag möglichst steuerschonend realisieren will, dann bringt ihm die Einbringung in eine ausländische Stiftung nichts, denn die Dotierung gilt als Realisation der Gewinne und er müsste sie der Kapitalertragsbesteuerung unterwerfen. Auch die Wohnsitzverlagerung ins Ausland nützt ihm nichts, denn auch das gilt gem § 31 Abs 2 EStG als gewinnrealisierender Tatbestand. Er müsste also die Beteiligung, bevor er hohe Substanzgewinne erzielt, in eine ausländische Stiftung einbringen und dort dauerhaft belassen. Dieses Modell haben nur wenige Österreicher gewählt. Mit dem Schenkungsmeldegesetz wurde ein erhöhter Eingangssteuersatz für die Dotierung ausländischer Stiftungen geschaffen, wenn keine Amtshilfe besteht. Wenn man die politische Sorge hat, dass viele österreichische Kapitaleigner in schweizerische Stiftungen abwandern, dann hätte man auch anstatt steuerbegünstigte Stiftungen einzurichten das gleiche Ziel durch Schaffung eines entsprechenden Außensteuerrechts erreicht.
- Stiftungen verursachen eigentlich keine fiskalischen Ausfälle für Österreich
Richtig ist, dass durch die Transferierung von Kapital aus dem Ausland an eine österreichische Privatstiftung die Kapitalerträge in Österreich steuerhängig werden und dass durch die Nichttransferierung österreichischen Kapitals an eine ausländische Stiftung Österreich weiter die Steuereinnahmen behält. Wie oben ausgeführt war das nach Österreich rücktransferierte Kapital auf einige wenige Fälle beschränkt. Von größerer Substanz war das von Ausländern an österreichische Stiftungen transferierte Vermögen. Wie groß das Kapitalvolumen wäre, das ohne Privatstiftungsregelung abgeflossen wäre, lässt sich nicht abschätzen. Die Fragestellung kann deshalb nicht seriös beantwortet werden. Faktum ist, dass die Steuervorteile durch die Stiftungen in Österreich dem Volumen nach erheblich sind. Bei einem angenommenen Stiftungsvermögen von € 60 Mrd und einem unterstellten Ertrag von 10 % pa (Durchschnitt über die Jahre seit Einführung - inklusive Veräußerungsgewinne von Beteiligungen) beträgt die Steuerersparnis durch die Zwischensteuer von 12,5 % € 750 Mio, das ist rund das Sechsfache des Aufkommens der soeben abgeschafften Erbschafts- und Schenkungssteuer oder ein Drittel der für 2009 vorgesehenen Lohnsteuersenkung.
Nachdem Österreich eine empfindliche Besteuerung der Dotationen österreichischer Privatstiftungen an ausländische Stiftungen und Trust eingeführt hat, sollte man sich nicht allzusehr fürchten, dass die Stifter nach der Beseitigung der Steuerprivilegien für Stiftungen die Flucht ergreifen. Nach unserer Beurteilung hat insgeamt die Sonderbesteuerung der Stiftungen dem Land mehr geschadet als genützt.