EU-Parlament mit Konsens zu Unternehmensbesteuerung

Nach den erstaunlichen Worten von Steuerkommissar Šemeta über den automatischen Informationsaustausch (wir haben gestern berichtet) haben wir schon wieder Anlass, über Freudiges aus Europäischen Institutionen zu berichten - dieses Mal aus dem Parlament. Im folgenden dokumentieren wir eine Presseerklärung der europäischen Grünen:
EU-Steuerpolitik: Fraktionsübergreifende Forderung nach Mindeststeuersätzen für Unternehmen in Irland und in der EU

In einer gemeinsamen Erklärung haben sich die Obleute im Wirtschaftsausschuss der Fraktionen EVP, S&D, ALDE und Grünen für eine Mindest-Körperschaftssteuer von 25% ausgesprochen. Unterstützt wird die Erklärung durch: Jean-Paul Gauzes (EVP), Udo Bullmann (S&D), Sylvie Goulard (ALDE), Sven Giegold (Grüne), Burkhard Balz (Co-Koordinator EVP), Leonardo Dominici (S&D), Wolf Klinz (ALDE) und Pascal Canfin (Grüne).

Dazu erklärt Sven Giegold, Sprecher für Wirtschafts- und Finanzpolitik der Fraktion Grüne/EFA:

"Erstmals sprechen sich in einer gemeinsamen Erklärung führende Mitglieder des ECON für europäische Mindeststeuersätze aus. Damit würde dem europäischen Steuerwettbewerb eine wichtige Grenze gesetzt. Gemeinsame Mindeststeuersätze waren in der Vergangenheit auch im Europaparlament umstritten. Ich freue mich daher, dass ich diese fraktionsübergreifende Erklärung auf den Weg bringen konnte.

Der bislang fast unbegrenzte Steuerwettbewerb in der EU und der Eurozone ermöglicht transnationalen Unternehmen Steuerersparnisse von über 100 Milliarden € im Jahr. Das ist ungerecht, führt zu unfairem Wettbewerb und leeren öffentlichen Kassen. Besonders unakzeptabel wäre, dass nun genau die Banken mit Steuerzahlergeld gerettet werden sollen, die die Irischen Niedrigsteuern missbrauchen.

Sicherlich braucht Irland Unterstützung beim schmerzhaften Umbau seiner Wirtschaft nach der Krise. Es ist jedoch nicht akzeptabel, dass die Irische Wirtschaft nach wie vor auf Steuerdumping basiert."

Die gemeinsame Erklärung im Wortlaut:

Mindeststeuersätze

In Erwägung, dass sich das Irische Bankensystem in einer ernsten Solvenzkrise befindet und seine Stabilität im europäischen Interesse ist,

in Erwägung, dass die irische Regierung den EFSF/EFSM um Unterstützung gebeten hat,

in Erwägung, dass Solidarität nach den Verträgen eine Grundlage der Europäischen Union ist und Unterstützung für Irland daher europäischen Werten entspricht,

in Erwägung, dass der gemeinsame Markt einen stärkeren steuerlichen europäischen Rahmen braucht, um gute Regulierung und fairen Wettbewerb zu gewährleisten, wozu auch allgemeine Vorgaben für eine gemeinsame steuerliche Bemessungsgrundlage für Körperschaften wie auch Mindestkörperschaftssteuersätze gehören,

in Erwägung, dass die europäischen Steuerzahler und Bürger wichtige Risiken übernehmen müssten, um das Finanzsystem zu stabilisieren, das von dem außergewöhnlich niedrigen Irischen Unternehmenssteuersatz von 12,5% profitiert hat, wenn ein Kredit durch EFSF/EFSM vergeben würde,

fordern wir die Europäische Kommission auf, bei der gemeinsamen steuerlichen Bemessungsgrundlage zügig voranzuschreiten,

fordern wir die Europäische Kommission, die Eurogruppe und ihre Mitglieder auf sicherzustellen, dass der Unternehmenssteuersatz im Geiste der Solidarität auf das EU-Durchschnittsniveau von 25% angehoben wird.
Zwar würde die Anhebung des irischen Unternehmenssteuersatzes auf 25% das grundsätzliche Problem der künstlichen Profitverschiebung nicht lösen. Zumindest aber würde eines der am schwersten missbrauchten Steuerregime der Welt überwunden werden (z.B. hier und hier). Und das könnte Schule machen.

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