Die unrühmliche Rolle Deutschlands in den Bemühungen um mehr Transparenz im Rohstoffsektor

Steuervermeidung und Korruption sind weltweite Probleme, die in vielen Ländern des Südens zu Menschenrechtsverletzungen, Unterdrückung und Gewalt beitragen. Immer wieder sind daran auch transnational agierende Unternehmen beteiligt.

Lückenhafte Berichtspflichten für Konzerne machen diese Praxis erst möglich. Denn bisher müssen sie in der Regel lediglich Bilanzen für das Gesamtunternehmen vorlegen und ihre Zahlen nach Geschäftsfeldern aufschlüsseln. Sie sind jedoch nicht verpflichtet, ihre Zahlen disaggregiert nach Ländern oder Projekten zu publizieren. Dies macht es für Finanzbehörden und Öffentlichkeit unmöglich nachzuvollziehen, in welchem Land in welcher Höhe Umsätze getätigt, Steuern gezahlt und Gewinne erwirtschaftet werden.

In den Bilanzen der Unternehmen die Finanzflüsse nach Ländern und Projekten aufzugliedern, ist ein notwendiger und relativ einfacher Weg, um Steuervermeidung und Unterschlagung entgegenzuwirken. Auf europäischer Ebene hat die Kommission der EU im Oktober 2011 Vorschläge für die Einführung länder- und projektbezogener Offenlegungspflichten für die extraktive und in Primärwäldern aktive Industrie vorgelegt. Seitdem gibt es heftige Kontroversen im EU-Parlament und Ministerrat, die letztendlich über die endgültige Form der Richtlinie entscheiden werden.

Besonders umstritten ist dabei, was unter einem Projekt zu verstehen ist und ab welcher Höhe Unternehmen über Zahlungen berichten müssen. Diese beiden Fragen sind von zentraler Bedeutung für den Erfolg der Richtlinie. Denn Probleme mit Korruption und Transparenz ergeben sich oft gerade auf lokaler und damit Projekt-Ebene; im Steuerbereich sind gerade (zu) geringe Zahlungen interessant.

Deutschland und deutsche Politiker spielen eine zentrale Rolle in diesem Prozess. So ist der Vorsitzende des federführenden Ausschuss des Europaparlaments ein CDU-Politiker, Klaus-Heiner Lehne. Zum anderen sind Entscheidung im Rat der Europäischen Union gegen die Stimme Deutschlands praktisch nicht durchsetzbar.

Leider hat sich die Bundesregierung in den Verhandlungen als Bremserin verhalten. Sie spricht sich gegen eine Offenlegungspflicht auf Projektebene aus und macht die Richtlinie damit nur begrenzt wirkungsvoll. Warum sich gerade ein FDP-geführtes Ministerium – in Deutschland ist das Justizministerium zuständig – gegen mehr Transparenz ausspricht, die auch Investoren zu Gute kommen würde, bleibt vorerst Ihr Geheimnis.

Wie isoliert Deutschland in dieser Frage dasteht, macht auch ein Artikel des ehemaligen BP-Chefs John Browne in der Süddeutschen Zeitung vom 21. Mai deutlich. Darin spricht er sich vehement für die Vorzüge der Transparenzregeln aus: „Es geht um viel Geld: So sind die Staatseinnahmen in Afrika durch Unternehmen, die Bodenschätze fördern, sechsmal so hoch wie die gesamte Entwicklungshilfe. Dies ist eine großartige Gelegenheit, mit einem Gesetz die Lebensbedingungen von Millionen Menschen zu verbessern. Und es wäre eine Schande, diese Gelegenheit zu verpassen.“

In diesem Fall ist dem nur zuzustimmen. Es bleibt zu hoffen, dass die Bundesregierung ihre Haltung schnell überdenkt. Die kommenden Wochen und Monate sind für das Gelingen der Richtlinie zentral.

Weitere Hintergrundinformationen zum Thema gibt es hier.

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