Transparency International veröffentlicht Transparenz-Rangliste der 105 größten multinationalen Unternehmen

Wir dokumentieren hier eine Presseerklärung von Transparency International Deutschland. Darin fordert TI die Einführung verbindlicher Offenlegungspflichten für Konzerne. Das ist angesichts der gegenwärtigen deutschen Blockade- und Verwässerungsdiplomatie bei der EU-Buchhaltungsrichtlinie äußerst willkommen (wir berichteten hier). Es ist schön zu sehen dass Organisationen vom Kaliber TI's sich hinter länderbezogene Offenlegungspflichten für Konzerne stellen (Hintergrund hier). Die Zeit für Country-by-Country Reporting ist gekommen!
Berlin, 10.07.2012 – Die Antikorruptionsorganisation Transparency International hat heute eine Transparenz-Rangliste der 105 größten börsennotierten multinationalen Unternehmen veröffentlicht. Die Bewertung basiert auf öffentlich zugänglichen Informationen der Unternehmen. Transparenz wird dabei als wichtige Voraussetzung einer erfolgreichen Antikorruptionspolitik von Unternehmen angesehen.

Das Ergebnis ist durchwachsen. Gering ist im Durchschnitt vor allem die Transparenz über Gewinne und Steuerzahlungen in den Ländern, in denen sie Geschäfte betreiben; dies sind oft die ärmsten Länder mit fragwürdigen Regierungsstrukturen. Unbefriedigend ist bei den meisten multinationalen Unternehmen die Berichterstattung über ihre Antikorruptionsprogramme. Über die Hälfte der Unternehmen veröffentlicht nicht, ob und wie viel Zahlungen sie an Parteien und Politiker leisten. Nur 45 Unternehmen berichten vollständig über ihre Tochterunternehmen.

Der Finanzsektor erweist sich vor allem bei der Berichterstattung über die Geschäftsaktivitäten in einzelnen Ländern als besonders intransparent. Insgesamt schneiden die 24 multinationalen Banken und Versicherungen mit einem durchschnittlichen Punktwert von 4,2 nur unterdurchschnittlich ab. Im Bereich der Rohstoffindustrie ist der Abstand vom besten zum schlechtesten Unternehmen besonders groß. Während Statoil, Rio Tinto und BHP Billiton an der Spitze der Transparenz-Rangliste stehen, sind Rohstoffunternehmen wie PetroChina und Gazprom in der unteren Hälfte der Rangliste zu finden.

Edda Müller: „Die Studie belegt erneut, dass wir mehr Regulierung und verbindliche Berichtsstandards für den Finanzsektor brauchen. Banken sollten ihre Beteiligungsstrukturen und nationalen Finanzkennzahlen vollständig offenlegen. Man kann nicht Steuergelder zur Rettung kassieren und sich gleichzeitig weigern öffentlich zu dokumentieren, dass man ordentlich seine Steuern zahlt.“

Gleiche Wettbewerbsbedingungen sind angesichts der großen Transparenzunterschiede im Rohstoffsektor das Gebot der Stunde. Edda Müller: „Die Bundesregierung sollte nicht länger die Buchhaltungsrichtlinie der EU-Kommission zu verhindern suchen. Diese soll verbindliche Standards zur Offenlegung von Zahlungsströmen von Unternehmen der Rohstoffindustrie auf Projektbasis einführen. Dies würde die berichtswilligen Unternehmen vor der unlauteren Praxis von Wettbewerbern schützen“.

Regierungen und Aufsichtsbehörden müssen verpflichtende Transparenzstandards für alle Unternehmen einführen, die Exportsubventionen erhalten oder sich an öffentlichen Ausschreibungen beteiligen möchten. Investoren sind aufgerufen, mehr Transparenz in Geschäftsberichten einzufordern, nicht nur aus wirtschaftsethischen Gesichtspunkten, sondern vor allem im Hinblick auf ein professionelles Risikomanagement.

Zu den sieben Unternehmen aus Deutschland

Die sieben deutschen Unternehmen finden sich alle im ersten Drittel der Rangliste. Positiv ist, dass sie alle vollständig über ihre Töchterunternehmen berichten. Unbefriedigend ist aber auch bei den deutschen Unternehmen die Berichterstattung zu Kennzahlen auf Länderebene. Keines der sieben Unternehmen aus Deutschland veröffentlicht, wie viel Steuern ihre Töchter in den jeweiligen Ländern zahlen, in denen das Unternehmen tätig ist.
Edda Müller: „Unternehmen sollten länderspezifische Zahlen, wie Umsatz, Vorsteuerergebnis und Steuern veröffentlichen. Nur so können die Bürgern dieser Länder feststellen, inwieweit Unternehmen Zahlungen an die Regierungen tätigen,  Gelder verschwunden sind oder durch entsprechende Konstruktionen Steuern vermieden wurden.“

Zur Methode und zum Hintergrund

Die Punktzahlen der 105 Unternehmen rangieren von 0 bis 10, wobei 0 am intransparentesten und 10 am transparentesten ist. Die Bewertung basiert zu drei gleichen Teilen auf öffentlich zugänglichen Informationen der Unternehmen
a)    zu ihren Antikorruptions-Programmen,
b)    zu ihren Töchtern, dem prozentualen Besitz daran und dem Land der Registrierung dieser Töchter sowie
c)    auf der Ebene der Länder, in denen sie tätig sind, im Hinblick auf Umsatz, Investitionen, Vorsteuerergebnis, Einkommenssteuer und Ausgaben für soziale Belange.