Ein Modell für die Besteuerung multinationaler Unternehmen im 21. Jahrhundert

London/Berlin – Das internationale Tax Justice Network hat heute ein Modell für die Besteuerung multinationaler Unternehmen im 21. Jahrhundert vorgestellt: die einheitliche Besteuerung („unitary taxation“). Sie soll das gegenwärtige Besteuerungsmodell ersetzen, das veraltet ist und vielfach für untauglich befunden wurde. Die Konstruktionsfehler dieses Modells ermöglichen es multinationalen Konzernen, hunderte Milliarden Dollar an Steuern zu vermeiden und damit zugleich ihre kleineren lokalen Konkurrenten auszustechen. Das hat nichts mit Steuergerechtigkeit und nichts mit echter ökonomischer Effizienz oder Produktivität zu tun.

Um einen Ausweg aus dieser Situation zu finden, hat das Tax Justice Network heute die Studie „Towards Unitary Taxation of Transnational Corporations“ veröffentlicht. Sie wurde verfasst von Sol Picciotto, Professor Emeritus an der Universität Lancaster und Berater des Tax Justice Network. Die Studie beschreibt den Weg zu einem kompletten und zielführenden Neuanfang bei der internationalen Unternehmensbesteuerung. Es gibt nach Auffassung des Tax Justice Network keine Alternative zu einer vollständigen Reform. Die Beibehaltung des Status Quo wird unweigerlich zu steigenden ökonomischen und sozialen Verwerfungen führen.

Autor Sol Picciotto, Professor Emeritus an der Universität Lancaster und Berater des Tax Justice Network, zur Studie: “Der einzig vernünftige Weg, heutige multinationale Unternehmen zu besteuern, ist es dort zu tun, wo ihre tatsächliche wirtschaftliche Aktivität stattfindet – nicht wo die Steuerberater behaupten, dass sie stattfinde. Die Lösung ist, sie als einheitliche Unternehmen („unitary businesses“) zu behandeln, die viel mehr sind als die Summe ihrer Teile, denn das entspricht der Realität. Ihre weltweiten Profite sollten so bewertet werden, dass das Verschieben von Gewinnen in künstliche, von Steuerplanern erdachte Einheiten nicht mehr möglich ist. Stattdessen sollten die Gewinne jenen Staaten zugeordnet werden, in denen die Unternehmen tatsächlich aktiv sind. Die Staaten können dann diesen Anteil am Gewinn nach ihren Vorstellungen besteuern.“

John Christensen, Direktor des internationalen Tax Justice Network, ergänzt: „Die OECD muss ihre hilflosen Versuche aufgeben, das veraltete Fremdvergleichsprinzip („arm’s length method“) zu verbessern, denn es stammt aus einer vergangenen ökonomischen Ära. Multinationale Unternehmen dominieren die globale Wirtschaft. Ihre Profite sollten nicht in Steueroasen verschoben werden können, wie es unter den geltenden OECD-Regeln möglich ist. Die einheitliche Besteuerung („unitary taxation“) ist das Modell für das 21. Jahrhundert und wir rufen die OECD dazu auf, sich der ökonomischen Realität zu stellen.

Markus Meinzer vom internationalen Sekretariat des Tax Justice Network meint im Hinblick auf Deutschland: „Finanzminister Schäuble hat sich gemeinsam mit seinem britischen Kollegen Osborne dazu bekannt, die Steuervermeidung der multinationalen Unternehmen nicht länger zu dulden. Er muss jetzt auch ernst machen mit diesem Ziel und über grundsätzliche Änderungen des internationalen Steuersystems nachdenken.

Zum Download der Studie geht es hier.

Für weitere Informationen kontaktieren Sie bitte:

In Großbritannien:                                    
John Christensen (Tax Justice Network): +44 (0) 79 79 868 302             
Nicholas Shaxson (Tax Justice Network): +41 43 539 83 24                    
Nick Mathiason (Tax Justice Network): +44 (0) 77 99 348 619     

In Deutschland:
Markus Meinzer (Tax Justice Network): +49-178-340 5673
Markus Henn (Netzwerk Steuergerechtigkeit Deutschland, Koordinator): +49-30-27582249