EU einigt sich auf erweiterten Informationsaustausch

Von Markus Meinzer (TJN) und Markus Henn (WEED)

Update 15.10.2014: Soeben hat die EU-Kommission angekündigt (hier), dass die EU-Zinsrichtlinie wahrscheinlich widerrufen wird, um eine Doppelung der Standards zu verhindern. In einem Pressememo von heute heißt es:
"Therefore, in order to have just one standard of automatic exchange and to avoid legislative overlaps, the Commission will now consider the repeal of the Savings Directive. Coordination of the likely repeal of the Savings Directive with the introduction of the revised Directive on Administrative Cooperation will ensure that we do not create or leave any loopholes for tax evaders."
Es bleibt vorerst abzuwarten, ob die EU dennoch bereit ist, Drittstaaten wie die Schweiz oder die USA mit robusten Mitteln zur vollständigen Kooperation zu bewegen. Update Ende

Gestern hat sich der Rat der Finanzminster der EU auf eine deutliche Erweiterung des automatischen Informationsaustauschs geeinigt. Laut der Pressemeldung des Rates soll zukünftig - über die sogenannte Amtshilferichtlinie - zwischen den EU-Staaten über alle Arten von Kapitaleinkommen ein Austausch stattfinden, nicht nur - wie bislang über die Zinsrichtlinie - bei Zinseinkommen von natürlichen Personen. Es bleibt noch abzuwarten, ob der Vorschlag, der noch formell bei einem anderen Treffen beschlossen werden muss, in den Details völlig zufriedenstellend ist. Der grüne Abgeordnete Sven Giegold begrüßte die Einigung jedenfalls überschwänglich.

Entscheidend für die Relevanz (nicht nur) aus Sicht von Entwicklungsländern werden drei Fragen sein:

1. Verlangt die EU von den Finanzinstituten, dass die entsprechenden Informationen von vornherein auch für Personen, die außerhalb der EU leben, gesammelt werden müssen? Das ist eine Voraussetzung dafür, dass die EU zügig und ohne unnötige Verwaltungshürden auch Entwicklungsländern Daten von Steuerhinterziehern übersenden kann. Andernfalls droht eine Salami-Verzögerungstaktik ähnlich der Schweiz (siehe Punkt 2 unten), bei der die EU-Staaten nur ihre eigenen Brieftaschen füllen.

2. Im Zusammenhang mit der Zinsrichtlinie wird entscheidend sein, ob tatsächlich Sanktionen gegenüber jenen Drittstaaten in Aussicht gestellt, die nicht bereit sind, dem EU-Datenaustausch beizutreten? Die Schweiz gilt in diesem Kontext als Drittstaat, und es wäre äußerst begrüßenswert, wenn die EU geschlossen Klartext in Richtung des alpinen Nachbarn sprechen würde. Denn es zeichnet sich bereits ab, dass die Schweiz dazu übergeht eine darwinistische Selektionstaktik bei der Auswahl der "Partnerstaaten" für den automatischen Informationsaustausch anzuwenden (siehe hier).

Damit eng verbunden ist die Frage ob man sich dazu durchringen wird, auch die USA als Drittstaat in dieser Hinsicht zu behandeln und per Sanktionsandrohung zu fordern, dass die USA endlich volle Reziprozität anwenden. Das wäre nur recht, denn die USA haben es mit FATCA nicht anders gemacht. Bislang scheint es so, als würden sich die USA aus dem neuen internationalen OECD-Datenaustausch vornehm raushalten und stattdessen mit FATCA lieber einseitig sich selbst bedienen. Bliebe die USA dabei, dann würde die USA zur möglicherweise größten Steueroase der Welt aufsteigen (siehe Ansätze dazu hier), weil sie unter FATCA nur einen Bruchteil der relevanten Daten an manche Partnerstaaten übersenden.

3. Wird die EU eine Öffnungsklausel in ihre Richtlinie einbauen, die es Drittstaaten in Aussicht stellt, auf deren Initiative hin in den Genuss des EU-Datenaustausches zu kommen? Insbesondere Entwicklungsländern müssten im Rahmen der Kohärenzverpflichtung der EU-Verträge Zugeständnisse gemacht werden. Schließlich basiert ein Großteil des neuen Regelwerks auf dem OECD-Standard. Darüber hinaus enthält die geplante Richtlinie (DAC) einen neuen Artikel (19a), welcher der EU das Monopol über den automatischen Informationsaustausch zwischen EU-Mitgliedsstaaten und Drittstaaten überträgt. Um dieses Monopol zu verdienen, muss die EU Entwicklungsländer explizit berücksichtigen.

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