Gastbeitrag: Bewegung in der Schweizer Steuerpolitik

Heute haben wir die Ehre eines Gastbeitrags von Bruno Gurtner, Vorstandsvorsitzender des weltweiten Vorstands (Global Board) von TJN. Er hat sich über lange Jahre für Alliance Sud engagiert, dem Schweizer Dachverband entwicklungspolitischer Organisationen. Voilá:

Die UBS verteidigt sich in den USA gegen die Forderung des US Internal Revenue Service, die Namen von 52 000 Kunden herauszugeben. IRS hat vor dem Bundesbezirksgericht in Miami eine entsprechende Klage eingereicht. Wie die Financial Times berichtete, stellt sich die UBS ihrerseits als Opfer dar eines umfassenderen Streites über Steuerhinterziehung zwischen den USA und der Schweiz
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Unterstützt wird die UBS nun von offizieller Schweizer Seite. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) hat ihrerseits dem zuständigen Gericht in Miami eine Eingabe eingereicht, in der sie ihren rechtlichen Standpunkt erläutert. Das Schweizer Justizministerium verlangt, dass die schweizerische Rechtsordnung und damit ihre Souveränität zu respektieren sei. Der entsprechenden Medienmitteilung ist die Eingabe in englischer Sprache angehängt.

Bundespräsident und Finanzminister Hans-Rudolf Merz seinerseits erklärte am Schweizer Radio, er könne sich schwerlich vorstellen, dem Parlament und allenfalls später den Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern ein neues bilaterales Doppelbesteuerungsabkommen zu unterbreiten mit einem Informationsaustausch gemäss OECD-Standard, solange dieser Fall in den USA nicht gelöst sei. Verhandlungen zwischen den USA und der Schweiz für ein neues bilaterales Abkommen haben diese Woche begonnen.

Angesichts der illegalen Handlungen seitens UBS-Managers in den USA seien die Schritte der UBS ausserordentlich und hätten nichts mit Doppelbesteuerungsabkommen zu tun. Murphy hofft darauf, dass der UBS die Lizenz für Geschäfte in den USA entzogen würden.

Wie schon früher bekannt geworden ist, will nun auch Bundespräsident und Finanzminister Merz in Erwägung ziehen, am informellen OECD-Treffen vom 23. Juni in Berlin teilzunehmen. Das hat er vorher mehrfach abgelehnt. Hingegen befürworteten die Wirtschaftsministerin und die Justizministerin öffentlich für eine Teilnahme der Schweiz. Seinen Gesinnungswandel erklärte Merz damit, dass die Schweiz nur mit Vorliegen einer klaren Agenda für die Konferenz teilnehmen könne. Und die liege nun vor: in Form eines Briefes der Schweiz an den OECD-Präsidenten Angel Guria mit zahlreichen Fragen. Das Finanzminiserium hat diesen Brief veröffentlicht. Darin bestätigt die Schweiz, dass sie die OECD-Standards zum Informationsaustausch einführen wollen und ihre bisherigen Vorbehalte zurückziehen würde. Gleichzeitig verlangt die Schweiz Auskünfte über qualitative und quantitative Kriterien der schwarzen und grauen Listen, will wissen, warum andere Finanzzentren (und G-20-Länder) nicht auf diesen Listen erscheinen und wie die OECD Trusts und ähnliche Institutionen hinsichtlich Informationsaustausch behandle. Erstmals spricht sich Merz auch für ein "level playing field" aus.

Kein Musikgehör hat die Schweiz weiterhin für das Ansinnen eines automatischen Informationsaustausches, wie ihn die EU mit ihrer Zinsbesteuerungsrichtlinie kennt (Belgien, Luxemburg und Österreich unterliegen noch einer Ausnahmeregelung). Die Schweiz will auch nicht mit der EU über eine Revision ihres bilateralen Abkommens zur Betrugsbekämpfung verhandeln. Dieses Abkommen regelt die Amts- und Rechtshilfe bei den indirekten Steuern. Die EU möchte nun den Geltungsbereich des Abkommens auch auf die direkten Steuern ausweiten. Die offizielle Schweiz will hingegen OECD-Standards über den Informationsaustausch bilateral mit den einzelnen Mitgliedsländern über die Revision der entsprechenden Doppelbesteuerungsbkommen eingeführen. Die bürgerlichen Parteien in der Schweiz unterstützen diesen Weg, während die Linke und auch namhafte Fachleute in dieser Sache für einen Dialog mit der EU eintreten.