Gesetz zur Steuerhinterziehung: Löchrig wie ein Schweizer Käse

Das Netzwerk für Steuergerechtigkeit kritisiert in einer Pressemitteilung den Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung, der heute im Bundestag beraten wird, als „löchrig wie ein Schweizer Käse“. Es sei zwar wichtig, dass die Möglichkeiten internationaler Steuerhinterziehung auch durch nationale Gesetzgebung energisch bekämpft werden, betont Misereor-Entwicklungsexperte Georg Stoll, Vorstandsmitglied im internationalen Tax Justice Network. Der vorliegende Entwurf sei jedoch viel zu schwach, um das Geschäftsmodell der Steueroasen ernsthaft zu bedrohen.
Der Gesetzesentwurf des Bundesfinanzministeriums wurde von der Unionsfraktion erst nach deutlichen Abschwächungen als Regierungsentwurf akzeptiert. Er soll Steuerentlastung von erweiterten Nachweis- und Mitwirkungspflichten abhängig machen, wenn die Steuerpflichtigen über Steueroasen operieren, die den deutschen Steuerbehörden keinen Zugang zu steuerrelevanten Informationen gewähren. Als Maßstab dafür wird der OECD-Standard über den Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten angelegt. „Der entscheidende Schwachpunkt des Entwurfs wie auch des OECD-Standards liegt darin, dass Steuerinformationen nur angefragt werden können, wenn schon konkrete Informationen über einen Steuerflüchtling und seinen Zielort bekannt sind. Damit kommt man aber dem systematischen Versteckspiel der Steueroasen nicht bei. Wir benötigen einen automatischen Informationsaustausch zwischen Steuerbehörden. Ein Fall wie Zumwinkel wäre dann viel früher aufgeflogen – oder erst gar nicht entstanden“, so Stoll. Außerdem komme in der aktuellen Debatte die internationale Dimension zu kurz, moniert das Netzwerk für Steuergerechtigkeit. Gerade Entwicklungsländer hätten unter der Steuerhinterziehung wohlhabender Bürger und internationaler Unternehmen besonders zu leiden. „Wenn öffentliche Investitionen im Bildungs- und Gesundheitsbereich ausbleiben, trifft das vor allem die Armen. Alle Studien der vergangenen Jahre gehen davon aus, dass der Umfang der entgangenen Steuereinnahmen über der gesamten weltweiten Entwicklungshilfe liegt“, erklärt Stoll. Um dem entgegenzuwirken, sei ein starkes internationales Abkommen notwendig. „Verträge zwischen einzelnen Ländern, wie Deutschland es im Gefolge der OECD praktiziert, reichen nicht. Sie erlauben den Steueroasen, auf Zeit zu spielen, und lassen die Entwicklungsländer außen vor.“
Das Netzwerk für Steuergerechtigkeit erwartet deshalb von der Bundesregierung die aktive Unterstützung eines internationalen Abkommens zu automatischen Informationsaustausch. „Die Konferenzen der Vereinten Nationen Anfang Juni, der G8-Staaten im Juli und der G20-Staaten im Herbst bieten dafür ausgezeichnete Möglichkeiten“, betont Stoll.

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