Ein erster oberflächlicher Blick in die Pressereaktionen auf das im Bundesrat gescheiterte Steuerabkommen zwischen der Schweiz und Deutschland könnte den Eindruck erwecken, es habe in der Schweiz eine einheitliche Position für das Abkommen gegeben und es sei nun die Enttäuschung groß. Um diesem Eindruck zu begegnen, dokumentieren wir hier die Pressemitteilung unserer Kollegen von Alliance Sud und der Erklärung von Bern.
Wie erwartet hat heute der Deutsche Bundesrat das Abgeltungssteuerabkommen mit der Schweiz versenkt. Nach diesem Scheitern der Strategie des schweizerischen Bundesrates sollte die Schweiz endlich den Widerstand gegen den automatischen Informationsaustausch aufgeben. Davon würden auch die Entwicklungsländer profitieren.
Für das deutsche Nein waren die „Abschleicher“-Problematik, die leichten Umgehungsmöglichkeiten über Stiftungen und Trusts sowie die prinzipielle Verletzung der Steuergerechtigkeit ausschlaggebend. Dies zeigt, dass weitere Ausweichmanöver der Schweiz keine Zukunft haben. Jetzt braucht es den automatischen Informationsaustausch. Nur er garantiert, dass im Ausland angelegte Vermögen nach den Regeln, den Steuersätzen und der Progression des Herkunftslandes besteuert werden können.
Aus entwicklungspolitischer Sicht besonders stossend an der bisherigen Strategie des Schweizer Bundesrates war, dass Entwicklungsländer implizit ausgeschlossen waren. Die Zahl der Abgeltungssteuerabkommen, welche die Schweizer Banken umsetzen können, ist technisch begrenzt. Dass Entwicklungsländer ohne grosses Droh- und Druckpotential leer ausgehen würden, versteht sich von selbst.
In den letzten Monaten hat der automatische Informationsaustausch dafür weitere Etappen auf dem Weg zum global gültigen Standard der internationalen Steuertransparenz zurück gelegt. Die USA führen mit dem Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA) den automatischen Informationsaustausch unilateral ein. Auch Schweizer Banken werden ab 2013 dem US-Steueramt Informationen liefern.
Ein multilaterales Regime des automatischen Informationsaustauschs könnte nicht nur die Einnahmen zur Entwicklungsfinanzierung steigern, sondern auch die Qualität der Regierungsführung und die Rechenschaftspflicht gegenüber der Bevölkerung verbessern. Würde die Schweiz ihre grundsätzliche Ablehnung gegen wirksame Kooperation in Steuerfragen aufgeben, so könnte sie die neuen Regeln aktiv mitgestalten. Sie wäre dann auch in einer Position, um sich gegen andere Steuerschlupflöcher, beispielsweise angelsächsische Trusts, stark zu machen.
Für weitere Informationen siehe das Dossier zu Steuern und Entwicklung oder bei:
Andreas Missbach, Erklärung von Bern, 044 277 70 0
Mark Herkenrath, Alliance Sud, 078 699 58 66
Alliance Sud und die Erklärung von Bern sind Mitglied des Tax Justice Network/Internationales Netzwerk für Steuergerechtigkeit.