Legale Staatsfeinde - Deloitte, Ernst&Young, KPMG, PWC

Aus dem neuen Stern, Seiten 84-85
All jenen, die sich darüber wundern, dass die alljährlichen Anstrengungen zur Bekämpfung der Steuervermeidung von Konzernen (wie etwa durch Abzugsbeschränkungen wie die Zinsschranke, siehe hier) so wenig haltbare Früchte hervorbringen sei die Lektüre des Artikels "Legale Staatsfeinde" im neuen Stern wärmstens empfohlen. Neben sprachlich und grafisch schöner Innovation ("Neues aus der Schlupfloch-Manufaktur") glänzt der Artikel mit einer bemerkenswerten Mischung aus fesselnder Erzählung und sachlicher Tiefenschärfe. Der Aufmacher geht so:
"Wegen dieser Männer zahlen Konzerne wie Amazon, Google & Co. praktisch keine Steuern. Mit ihren 700 000 Mitarbeitern produzieren sie geschickt: Steuertricks. Höchste Zeit, sie aus ihren Schlupflöchern zu zerren."
Tax Justice Network wird seit längerem nicht müde, die großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften kritisch zu beleuchten. So haben wir zum Beispiel kürzlich gezeigt, dass sich die Dichte der Büros der "Big 4" stark am Grad der verfügbaren Intransparenz in den jeweiligen Ländern orientiert (hier, pdf). Prem Sikka, der in dem Artikel ausführlich zitiert wird, bezeichnet diese vier Gesellschaften als "Nadelstreifenmafia" (pdf, hier).

Dass sich die Einsicht in die problematische, beinahe in Allmacht gekleidete Rolle der "Großen Vier" weiter ausbreitet ist sehr begrüßenswert. Michael Sell, der Leiter der Steuerabteilung im Bundesfinanzministerium positioniert sich im Artikel klar: 
"Michael Sell ist ein profunder Kenner der großen Steuerfirmen. Er kann die Gefahr, die von den großen vier ausgeht, einschätzen wie kaum ein Zweiter. 'Mit 32 war ich Angestellter einer Big-Four-Steuergesellschaft. Da habe ich mich gefragt: Will ich mein ganzes Leben lang ausländischen Firmen helfen, in Deutschland Steuern zu sparen? Ich bin dann zur Bundesfinanzverwaltung gewechselt.' [...] So hat er begonnen, das Bundeszentralamt für Steuern nach dem Vorbild des Bundeskriminalamts aus- und umzubauen. Wobei er sich diesen Vergleich stets verbittet."

Es stimmt hoffnungsvoll zu sehen, dass die Leitung der Steuerabteilung im BMF jemand mit einer ähnlichen Vita wie so manches Gründungsmitglied von TJN (etwa Richard Murphy) innehat. Wir wünschen Herrn Sell viel Erfolg und Segen und wenn nötig harte Bandagen, um den notwendigen Wandel und Umdenken ins ganze Ministerium und wo nötig in die (internationale) Politik zu tragen. Denn wie Bloomberg im Hinblick auf die OECD heute berichtet, dürfte das notwendiger sein als sich manche nach den jüngsten Entwicklungen rund um das BEPS-Projekt der OECD (etwa hier) erhofft haben (Hintergrund hier und hier). Die OECD ist bisher fest im Griff der großen vier und verfolgt bislang eine knallharte Ausgrenzungs- und Übervorteilungspolitik gegenüber Entwicklungsländern (siehe etwa hier und hier und hier). Kaum überzubewerten ebenfalls der Einfluss der großen vier auf die Bilanzierungsregeln in Europa über das IASB (etwa hier und hier, pdf).

Den unseligen Einfluss dieser "Armee in Nadelstreifen" zurückzudrängen dürfte Aufgabe einer ganzen Generation bleiben.

Der ganze Artikel ist nur als Printversion im neuen Stern erhältlich - allen sei der Gang zum Kiosk wärmstens empfohlen.