EU verpasst Chance für vollständige Tranparenz von Briefkastenfirmen

Das EU-Parlament unternahm kürzlich einen wichtigen Schritt im Kampf gegen Steuerhinterziehung und Geldwäsche. Nach monatelangen Verhandlungen zwischen Parlament und Mitgliedsstaaten wurde am 20. Mai eine Überarbeitung und Erweiterung der Anti-Geldwäsche-Richtlinie verabschiedet.

Wichtigste Neuerung ist die Einführung von nationalen Registern zu wirtschaftlichen Eigentümern von Unternehmen (s.g. beneficial ownership). Nach bisherigen Regelungen ist es in vielen Ländern ohne Probleme möglich, Briefkastenfirmen zu gründen, ohne den wahren Eigentümer und letztendlichen Nutznießer anzugeben. Solche Scheinfirmen werden vielfach für Geldwäsche, Steuerhinterziehung, Korruption und andere kriminelle Machenschaften genutzt. Nach Schätzungen von Transparency International gingen den EU-Mitgliedsstaaten so allein in 2011 ca. 70 Milliarden Euro an Steuereinnahmen verloren. Dem soll die neue Richtlinie nun einen Riegel vorschieben.

Diese Maßnahme forderte die Zivilgesellschaft schon seit langem (siehe hier und hier). Auch die EU-Bevölkerung sieht keinen triftigen Grund für die Intransparenz von Briefkastenfirmen. Nach einer Studie von Transparency International sprechen sich vier von fünf EU-Bürgern dafür aus, dass Unternehmen ihre wahren Eigentümer offenlegen müssen.

So begrüßenswert die neue Richtlinie auch ist, von der Schaffung vollständiger Transparenz ist sie noch weit entfernt. Die neu einzuführenden Register stehen nämlich lediglich den nationalen Behörden offen. Zivilgesellschaftlichen Organisationen, investigativen Journalisten und der breiten Öffentlichkeit wird der Zugang verwehrt. Nur wenn diese ein „legitimes Interesse“ nachweisen können, dürfen sie die Daten einsehen. Wie genau dieser Begriff letztendlich ausgelegt wird, bleibt den einzelnen Mitgliedsstaaten überlassen. Es bleibt zu befürchten, dass der öffentliche Zugang zu den Registern eher die Ausnahme als die Regel wird.

Wie wichtig die Kontrolle durch die Zivilgesellschaft jedoch ist, wurde durch Skandale wie den LuxLeaks, SwissLeaks oder OffshoreLeaks deutlich. Erst nachdem die dubiosen teils illegalen Machenschaften von transnationalen Konzernen, Staaten und Einzelpersonen mithilfe von Whistleblowern ans Tageslicht gebracht wurden, begann auf öffentlichen Druck eine zumindest teilweise Aufarbeitung. Dabei verfügten einige Regierungen wie bspw. im Fall der SwissLeaks schon lange über die relevanten Informationen, unternahmen aber nichts.

Weiterhin wird nur über den vollständigen öffentlichen Zugang zu den Registern sichergestellt, dass auch Staaten außerhalb der EU von den Daten profitieren können. Insbesondere Länder des globalen Südens leiden unter dem Abfluss von illegalen Finanzströmen, die häufig über anonyme Briefkastenfirmen geleitet werden.

Während Großbritannien die Schaffung eines öffentlich zugänglichen Registers ankündigte und Dänemark, Österreich und Frankreich wohl folgen werden, gehörte Deutschland in diesem Punkt schon während der Verhandlungen zu den Bremsern.

Des Weiteren weist die Anti-Geldwäsche-Richtlinie auch in anderen Bereichen substantielle Defizite auf. So werden Treuhandfonds nur unzureichend von den neuen Registern erfasst. Ebenso wie bei Briefkastenfirmen werden durch Treuhandfonds die wahren Eigentümer verschleiert und können so illegale Geschäfte verdecken. Damit wird eine bedeutende Gesetzeslücke offen gelassen.

Obwohl die neue Richtlinie also einen positiven Schritt bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerhinterziehung darstellt, muss sie als das gesehen werden, was sie ist: nicht das Ende der Bemühungen sondern ein erster Baustein für vollständige Transparenz.

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