EU versenkt Schweizer Abgeltungssteuer

Die Worte von Šemeta, dem EU-Steuerkommissar, kommen nicht sehr diplomatisch verkleidet daher. Bereits am vergangenen Mittwoch äußerte er sich gemäß dem Tagesanzeiger wie folgt:
"Der Steuerkommissar habe gegenüber Schäuble klargemacht, in welche Richtung Neuverhandlungen aus Brüsseler Sicht gehen müssten. Das Steuerabkommen sei jedenfalls in der derzeitigen Form nicht kompatibel mit dem EU-Recht. Konkret müssten Deutschland und Grossbritannien den Bereich ausklammern, der bereits durch die EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie und das parallele Abkommen zwischen der EU und der Schweiz abgedeckt ist, heisst es in Brüssel. So hätten die beiden Mitgliedstaaten in einem Teilbereich des Abkommens mit der Schweiz ihre Kompetenzen überschritten."
In unserer Analyse des Abkommen sagten wir bereits im September voraus, dass dieses Abkommen nicht mit EU-Recht kompatibel sei. Auch die britische Variante des Schweizer Vorstoßes wird von der EU mit einem Vertragsverletzungsverfahren bedroht. Die FT berichtete gestern:
"Brussels is threatening to sue Britain unless ministers significantly alter a landmark tax deal with Switzerland, in a dispute that will cast doubt over the £4bn to £7bn of expected proceeds for the Treasury.European Commission lawyers concluded that the bilateral deal [...] is in breach of European Union laws that are tougher on tax evasion. As a result George Osborne, chancellor, has been told that he must renegotiate with Berne to ensure the agreement is compatible with existing EU rules – particularly with regard to secrecy – or face a writ at the European Court of Justice. The warning has prompted Germany, which is facing domestic political pressure over a similar accord, to initiate a new round of talks with Switzerland. British officials initially reacted badly to the Commission ultimatum but are now assessing their options."
Die Bundesregierung muss jetzt ernst machen und ihr gesamtes Gewicht hinter die geänderte Zinsrichtlinie werfen. Würde dieser Vorstoß verabschiedet und auf die Schweiz ausgedehnt (wie schon die alte Richtlinie), wäre im Kampf gegen Steueroasen ein echter Sieg errungen. Das Ende der Ära des Bankgeheimnisses könnte damit tatsächlich eingeleitet werden. Darüber hinaus würde diese Richtlinie auch die angelsächsische Variante des Bankgeheimnisses unter Verwendung von Aktiengesellschaften und Trusts bzw. Treuhandanstalten knacken (Hintergrund hier).

Außerdem könnte die Schweiz mit der Richtlinie ihrer heimischen Industrie einen Gefallen tun, weil endlich der Geheimhaltungsanreiz für europäische Bürger, ihr Geld in der Schweiz anzulegen, wegfiele. Dadurch könnte der Höhenflug des Franken beendet werden und endlich wieder etwas mehr exportiert werden. Ganz schön viele Fliegen mit einer Klappe. Der einzige Haken: dafür müsste sich die Schweizer Politik mit der Finanzindustrie anlegen...

Nachtrag: eine Ergänzung über den innerdeutschen Stand der Verhandlungen liefert die Handelszeitung (mit einem netten Bild von campact).

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